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Orange: Farbe, Frucht, Niederlande – wie hängt das zusammen?

30 May, 2025 - 5 minutes

Episode Description

Ist die Farbe Orange nach der gleichnamigen Zitrusfrucht benannt – oder umgekehrt? Und warum werden die Niederländer im Fußball oft als "Oranje" bezeichnet? Und dann gibt es ja noch die Stadt Orange in Südfrankreich – was hat die mit all dem zu tun? Das ist kurios, weil das Wort Orange und seine Bedeutungen zwei verschiedene Wurzeln hat, die überhaupt nichts miteinander zu tun hatten, dann aber verschmolzen sind. Wie Naranga zur Orange wurde: aus dem Sanskrit ins Französische Das mit der Frucht und der Farbe ist schnell erklärt: Die Orange als Frucht stammt aus Asien. Darauf weist ja auch der Alternativname Apfelsine hin: "chinesischer Apfel". Die Orange kam im Mittelalter nach Europa, zuerst als Bitterorange, dann als die süßere Orange, die wir heute kennen. Mit der Frucht kam auch der Name. Dieser Name lässt sich über die gesamte Seeroute nachvollziehen: Im indischen Sanskrit hieß sie Naranga, im Arabischen Naransch, im Spanischen Naranja, in Frankreich fiel das N dann weg und es wurde zu so etwas wie Auranja und schließlich Orange. Nachdem diese Zitrusfrucht in Europa Fuß gefasst hatte, wurde sie namensgebend für die Farbe. Auch das lässt sich schon im Mittelalter nachweisen, dass königliche Kleidungsstücke als "orangefarben" bezeichnet wurden. Mit der Zeit wurde aus dem Wort "orangefarben" die Farbe Orange. Warum ist aber jetzt Orange auch eine Art Nationalfarbe der Niederlande? Die einfache Antwort findet man im Namen des Königshauses. Die niederländischen Könige stammen aus dem Adelshaus Oranien-Nassau. Oranien spricht sich niederländisch Oranje und französisch Orange – da ist das Wort wieder. Der Witz ist allerdings, dass der Name mit der gleichnamigen Frucht und der Farbe gar nichts zu tun hat, sondern zurückgeht auf die Stadt Orange – die liegt bekanntlich nicht in den Niederlanden, sondern im Süden Frankreichs, in der Provence, an der Rhône. Wilhelm I. von Oranien – Gründungsvater der Niederlande Um diese Stadt Orange herum bildete sich im Mittelalter eine gleichnamige Grafschaft und später das Fürstentum Orange. Durch eine Heirat Anfang des 16. Jahrhunderts verbindet sich dieses Fürstentum schließlich mit einem anderen Adelsgeschlecht, nämlich dem Haus Nassau, dem große Teile der heutigen Niederlande gehörten. Und aus diesem Fürstentum geht schließlich im 16. Jahrhundert Fürst Wilhelm I. von Oranien hervor – er war gleichzeitig Graf von Nassau-Dillenburg. Dieser Fürst hatte eine bedeutende Stellung im Reich. Er wurde nämlich vom spanischen König zum Statthalter in den Niederlanden ernannt – die Niederlande waren damals unter spanischer Herrschaft. Wilhelm hat dann aber die Seiten gewechselt und die Niederlande erstens vereinigt und zweitens in den Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien geführt. 1581 erklärten die Niederlande ihre Unabhängig von Spanien – deshalb betrachten die Niederländer Wilhelm von Oranien als Gründungsvater der Nation. Bis heute stellt das Haus Oranien-Nassau den König bzw. die Königin. So kommt Orange/Oranje zu den Niederlanden. Name eines keltischen Wassergotts als Ursprung der französischen Stadt Orange Die Niederländer spielen daher in orange-farbenen Trikots. Mit der Pointe, dass dieses Orange mit der Frucht bzw. Farbe eigentlich gar nichts zu tun hat. Wie gesagt, der Name der Frucht leitet sich aus dem Arabischen bzw. aus der indischen Sprachen ab. Die Stadt Orange in Frankreich hieß ursprünglich nämlich Arausio, benannt nach einem keltischen Wassergott. Hatte also mit Orangen nichts zu tun. Mit der Zeut wurde daraus Orenga. Homophonie bei Orange und Leberkäs Es sind sprachhistorisch also zwei Fäden, die sich miteinander verbinden. Denn es passiert nun das, was Sprachforscher Homophonie nennen: Wörter, die ähnlich klingen, werden einander angeglichen. Ein Beispiel für dieses Phänomen habe ich schon mal in einem anderen Beitrag beschrieben, wo es um die Frage ging: Woher der Leberkäse seinen Namen hat. Auch der Name hat mit weder mit Leber noch mit Käse was zu tun. Und so ähnlich war es mit Orange. Die Stadt liegt ja an der Rhône – einer auch im Mittelalter wichtigen Handelsroute, die vom Mittelmeer ins Landesinnere führte. Als die Orange nach Europa kam, war sie dort natürlich auch bekannt. Und das hat wohl mit dazu beigetragen, dass der Name der Stadt von Orenga langsam zu Orange mutierte und auch irgendwann so geschrieben wurde. Das passierte nämlich nachweislich erst mit der Zeit, nachdem dieses Wort durch die eingeführte Frucht aus Asien bekannt wurde. Damit ist die Geschichte immer noch nicht zu Ende. Vielmehr schließt sich jetzt der Kreis, denn auch unser Wilhelm von Oranien, der niederländische Staatsgründer, kam auf die Idee, sich die Farbe zu eigen zu machen, auch wenn sein Fürstentum nur zufällig so hieß wie die Frucht. So integrierte er die Farbe in die Flagge seiner Unabhängigkeitsbewegung im Kampf gegen Spanien. Orange auch in Irland von Bedeutung Die Farbe Orange kam also im Prinzip nur wegen des Klangs zum Haus Oranien. Die Orange hatte mit dem Fürstentum Oranien ursprünglich gar nichts zu tun hatte, und doch hat sich Wilhelm bewusst dafür entschieden, sich diese Farbe zu eigen zu mache. Und sie wurde damit nicht nur eine Farbe für die Niederlande, sondern – das war ja auch ein Kampf Protestanten gegen Katholiken – orange wurde auch die Farbe für die protestantische Bewegung. So kam das Orange auch in die irische Flagge. Wobei dort das Grün wiederum für die katholische Bewegung steht. Der Name der Frucht und der Farbe haben also einen komplett anderen Ursprung als die französische Stadt und das niederländische Königshaus – und doch wuchs alles zusammen. Ein bisschen so, wie der Bär irgendwann zum Wappentier von Berlin wurde, obwohl der Name Berlin nichts mit Bären zu tun hat.